Aus aktuellem Anlass

  • Und soll uns genau was sagen? ;)


    Die Artikel 25 f. stehen seit 1949 unverändert im Grundgesetz, und widersprachen jahrzehntelang weder der erklärten Nichtanerkennung der Oder-Neiße-Linie als Westgrenze Polens durch die Bundesrepublik, noch z. B. Schulatlanten, in denen die Grenze zwischen der damaligen DDR und Polen nur als gestrichelte oder gepunktete Linie eingetragen war, die Grenzen Deutschlands vom 31.12.1937 hingegen als internationale Staatsgrenzen dargestellt wurden.


    Artikel 116 GG, der Personen "deutscher Volkszugehörigkeit", die im Gebiet des Deutschen Reiches in den Grenzen des o. g. Datums Aufnahme gefunden haben als Deutsche im Sinne des Grundgesetzes qualifiziert, gilt übrigens auch im mittlerweile zwanzigsten Jahr nach Inkrafttreten des Einigungs- sowie des 2+4-Vertrages immer noch unverändert.


    Es ist zwar richtig, dass das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, dass auch die Aussagen der Prääamel die Staatsgewalten bindendes Recht seien - übrigens hat es in seiner Entscheidung zu den sog. "Ostverträgen" gestützt auf genau diese Auffassung ausgeurteilt, dass die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als Westgrenze Polens durch die Bundesregierung der alten Bundesrepublik nur provisorisch sein konnte, gänzlich unbeschadet Art. 25 f. GG! - allerdings folgt daraus noch lange nicht, dass die Meinung des seinerzeitigen verfassungändernden Gesetzgebers, die Deutsche Frage sei mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik abschließend beantwortet, zur Staatsideologie erwachsen ist, an die jeder zu glauben hat.


    Ohne diese Zusicherung der beiden deutschen Staaten wäre die Wiedervereinigung schlicht nicht zustande gekommen, ein längerfristiger Weiterbestand der DDR wäre nach der Öffnung der innerdeutschen Grenze aber wiederum auch unmöglich gewesen.


    Politische Programmsätze haben in den Verfassungen demokratischer Staaten eigentlich nichts verloren, sie widersprechen dem Gedanken dieser Staatsform - denn in dieser ist das Volk der Souverän, nicht die Verfassung. Das Wiedervereinigungsgebot der Präambel a. F. hatte angesichts der historischen Situation, in welcher das Grundgesetz seinerzeit entstand und angenommen wurde, sicherlich eine ausnahmsweise Daseinsberechtigung.


    Es geht dennoch nicht an, Ergebnisse durchaus kontroverser politischer Willensbildungsprozesse einfach in die Verfassung zu meißeln und damit der im demokratischen Prozess überstimmten Minderheit das Recht zu entziehen, unbeschadet des demokratisch gebotenen Respekts für das Votum der Mehrheit, dieses gleichsam zu kritisieren und für eine Meinungsänderung des Souveräns zu werben, indem man ihre Meinung kurzerhand für "verfassungswidrig" erklärt und damit den Dissens illegalisiert.


    So unqualifiziert die Ablehnung der Oder-Neiße-Linie als deutsch-polnischer Grenze meines Erachtens aus historischen wie politischen Gründen auch ist, man kann und darf niemandem diese Meinung verbieten, sondern muss ihr mit den existierenden guten Gegenargumenten begegnen.

    Amber Marie Ford
    Richterin am Unionsgericht
    Unionsministerin der Justiz a. D.
    Präsidentin des Unionsparlamentes a. D.
    Unionsvorsitzende der FDU a. D.
    Ministerpräsidentin des Freistaates Freistein a. D.
    Oberste Unionsanwältin a. D.

  • Nun muss man aber auch berücksichtigen, wer sich genau z. B. für die Rückgabe der ehem. Ostgebiete stark macht. Das sind neben einigen wohl wirklich rechtsextremen Spinnern auch Leute, die sich in den diversen selbsternannten (natürlich per Einschreiben-Rückschein an die US-Botschaft) "Kommissarischen Reichsregierungen" betätigen (wobei dieser Name zwischenzeitlich nicht mehr so verwendet wird, inzwischen spielen Einzelkämpfer die größere Rolle) und natürlich einige Vertriebene oder deren Nachkommen, die sich mit dem Verlust von Haus und Hof in Polen oder Russland nicht abfinden können und auch nicht damit, dass diese Gebiete nicht mehr deutsch sind. M. E. haben sie durchaus aber das Recht, Rechtsstreitigkeiten in ihrem Interesse zu führen. Ich erinnere hierbei auch mal an das Urteil des EuGHMR in Sachen Pawelka et. al. v. Republik Polen von 2008, in dem letztlich der rein deklaratorische Charakter der Menschenrechtserklärung und die Natur der Menschenrechte als vorstaatliches, angeborenes Recht des Menschen und damit die Bindung der Staatsgewalt an diese Rechte, selbst wenn sie das nicht will, abgestritten wurde. Auch wenn man eine Schadenersatzpflicht Polens aus diversen Gründen verneinen kann (die Vertreibung war schon 1943 von den Allierten beschlossen worden, um Polen nach Westen zu verschieben), war die Begründung damals hanebüchen.

  • Zitat

    Original von Kathryn Janeway
    Nun muss man aber auch berücksichtigen, wer sich genau z. B. für die Rückgabe der ehem. Ostgebiete stark macht. Das sind neben einigen wohl wirklich rechtsextremen Spinnern auch Leute, die sich in den diversen selbsternannten (natürlich per Einschreiben-Rückschein an die US-Botschaft) "Kommissarischen Reichsregierungen" betätigen (wobei dieser Name zwischenzeitlich nicht mehr so verwendet wird, inzwischen spielen Einzelkämpfer die größere Rolle) und natürlich einige Vertriebene oder deren Nachkommen, die sich mit dem Verlust von Haus und Hof in Polen oder Russland nicht abfinden können und auch nicht damit, dass diese Gebiete nicht mehr deutsch sind.


    Tja, so ist das eben in Deutschland: wenn die falschen Leute im Ergebnis deiner Meinung sind, hast du kein Recht auf deine Meinung mehr, ganz egal wie verschieden die Argumentationsstränge auch sein mögen.


    Und wer eine ihm unliebsame Meinung inkriminieren oder Diskussion beenden will, der haut einfach mit Karacho auf den Buzzer zum Auslösen des Nazi-Alarms - sobald die Sirene heult, gilt die Schuld des Zielobjekts als unwiderlegbar festgestellt, und wer nicht mitbrüllt als mitschuldig.


    Zitat

    M. E. haben sie durchaus aber das Recht, Rechtsstreitigkeiten in ihrem Interesse zu führen. Ich erinnere hierbei auch mal an das Urteil des EuGHMR in Sachen Pawelka et. al. v. Republik Polen von 2008, in dem letztlich der rein deklaratorische Charakter der Menschenrechtserklärung und die Natur der Menschenrechte als vorstaatliches, angeborenes Recht des Menschen und damit die Bindung der Staatsgewalt an diese Rechte, selbst wenn sie das nicht will, abgestritten wurde. Auch wenn man eine Schadenersatzpflicht Polens aus diversen Gründen verneinen kann (die Vertreibung war schon 1943 von den Allierten beschlossen worden, um Polen nach Westen zu verschieben), war die Begründung damals hanebüchen.


    Wundert dich das? Gerichtsurteile zu politischen Materien werden regelmäßig so gefällt wie sie aufgebaut sind: erst die Entscheidung, und dann die Begründung. In dem Moment, in dem z. B. BVerfG, EuGH oder EuGHMR eine Sache zur Entscheidung annehmen, steht selbige auch schon fest. Schriftwechsel und mündliche Verhandlung dienen nur noch dazu, Stoff für die Begründung zu liefern, warum man das Vorbringen des Klägers oder Antragstellers nun angeblich für begründet oder unbegründet hält. Man kann ja schlecht hereinschreiben, die gefällte Entscheidung sei politisch opportun bzw. eben nicht, was aber das einzige tatsächliche Kriterium ist. Traurige Beispiele sind etwa die Ergüsse des Bundesverfassungsgerichts zur Wehrpflicht oder den Rundfunkgebühren.

    Amber Marie Ford
    Richterin am Unionsgericht
    Unionsministerin der Justiz a. D.
    Präsidentin des Unionsparlamentes a. D.
    Unionsvorsitzende der FDU a. D.
    Ministerpräsidentin des Freistaates Freistein a. D.
    Oberste Unionsanwältin a. D.

  • Zitat

    Original von Amber Marie Ford


    Tja, so ist das eben in Deutschland: wenn die falschen Leute im Ergebnis deiner Meinung sind, hast du kein Recht auf deine Meinung mehr, ganz egal wie verschieden die Argumentationsstränge auch sein mögen.


    Und wer eine ihm unliebsame Meinung inkriminieren oder Diskussion beenden will, der haut einfach mit Karacho auf den Buzzer zum Auslösen des Nazi-Alarms - sobald die Sirene heult, gilt die Schuld des Zielobjekts als unwiderlegbar festgestellt, und wer nicht mitbrüllt als mitschuldig.


    Ich wollte dich nicht inkriminieren. Ich habe nur auf ein Faktum hingewiesen ;).


    Zitat

    M. E. haben sie durchaus aber das Recht, Rechtsstreitigkeiten in ihrem Interesse zu führen. Ich erinnere hierbei auch mal an das Urteil des EuGHMR in Sachen Pawelka et. al. v. Republik Polen von 2008, in dem letztlich der rein deklaratorische Charakter der Menschenrechtserklärung und die Natur der Menschenrechte als vorstaatliches, angeborenes Recht des Menschen und damit die Bindung der Staatsgewalt an diese Rechte, selbst wenn sie das nicht will, abgestritten wurde. Auch wenn man eine Schadenersatzpflicht Polens aus diversen Gründen verneinen kann (die Vertreibung war schon 1943 von den Allierten beschlossen worden, um Polen nach Westen zu verschieben), war die Begründung damals hanebüchen.


    Zitat

    Wundert dich das? Gerichtsurteile zu politischen Materien werden regelmäßig so gefällt wie sie aufgebaut sind: erst die Entscheidung, und dann die Begründung. In dem Moment, in dem z. B. BVerfG, EuGH oder EuGHMR eine Sache zur Entscheidung annehmen, steht selbige auch schon fest. Schriftwechsel und mündliche Verhandlung dienen nur noch dazu, Stoff für die Begründung zu liefern, warum man das Vorbringen des Klägers oder Antragstellers nun angeblich für begründet oder unbegründet hält. Man kann ja schlecht hereinschreiben, die gefällte Entscheidung sei politisch opportun bzw. eben nicht, was aber das einzige tatsächliche Kriterium ist. Traurige Beispiele sind etwa die Ergüsse des Bundesverfassungsgerichts zur Wehrpflicht oder den Rundfunkgebühren.


    Ja, so ist das leider. Vor einen amerikanischen Bundesgericht hätten die wahrscheinlich weit mehr Chancen.

  • Dazu ein schönes aktuelles Beispiel:


    Das VG Köln hielt die Wehrpflicht in der aktuellen Fassung für nicht verfassungsgemäß, die Wehrgerechtigkeit sei nicht gewährleistet. Foglich legt das VG Köln dies dem BVerfG vor. Was macht nun das BVerfG? Es erklärt die Vorlage des VG nicht einmal für zulässig. Das VG Köln habe die Hürden für eine solche Vorlage und die Judikatur des BVerwG nicht hinreichend beachtet. Die Anforderungen werden sogar noch erhöht. Zu Grundsätzlichem kommt das Gericht gar nicht erst. Das Urteil des BVerfG ist mMn so dermaßen fragwürdig und auch wenig akzeptabel.
    Es führt auch nicht unbedingt dazu, dass Gerichte sich weiterhin mit dieser Frage beschäftigen und sie dem BVerG vorlegen.

  • Die Wehrpflicht ist wegen Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 1, Abs. 3 i. V. m. Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 iVm Art. 19 Abs. 2, Art. 79 Abs. 3 GG sowieso unzulässig. Sklavendienst lässt sich nicht mit Freiheit und Gerechtigkeit vereinbaren.

  • Kommt dann wieder auf die Definition an. Ein mal von "Freiheit" und "Gerechtigkeit" und auch von "Sklavendienst".
    Befürworter der Wehrpflicht würden argumentieren, dass man dadurch für einen gerechte Sache - den demokratischen Staat - im Rahmen der 'freiheitlich-demokratischen Grundordnung' einen Dienst für sein Land und seine Demokratie/Freiheit leisten darf.

  • Die Bundesrepublik Deutschland beansprucht für sich, um des Menschens Willen zu existieren. Und zwar um jedes einzelnen (ihrer Staatsgewalt unterworfenen) Menschens Willen, der Mensch ist hier nicht als Gattung, sondern als Individuum zu verstehen. Daraus leitet sie ihre Legitimation ab.


    Die Wehrpflicht läuft diesem gedanklichen Konzept zuwider: wenn der Staat einen Menschen zwingt, dessen Leben für seinen Bestand einzusetzen, verleiht sich der Staat einen vom einzelnen Menschen losgelösten Eigenwert. Er mag dieses Vorgehen darauf stützen, dass das Opfer des einzelnen Menschen ja ausschließlich dazu diene, anderen Menschen den um ihretwillen existierenden Staat, der ihre Rechte achtet und schützt, zu erhalten, aber nichts desto minder stellt der Staat sich damit über den Einzelnen, erklärt seinen Bestand für wichtiger als dessen Leben, weil er einem höheren Zweck zu dienen bestimmt ist als der einzelne Mensch. Hier wird die Menschenwürde grundgesetzwidrig kollektiviert, auf den Menschen als Gattung (bzw. das deutsche Volk als Gruppe) bezogen anstatt auf jeden einzelnen Menschen als Individuum.


    Besonders haarig wird es natürlich, wenn man sich einmal die genaue Ausgestaltung der Wehrpflicht anschaut. Zuerst einmal gilt diese nur für Männer. Das bedeutet im Klartext: Männer müssen für den Bestand des Staates, der seine Legitimation und das Recht, eine solche Forderung an seine Bürger zu stellen daraus ableitet, ihre Würde, ihr Leben, ihre Freiheit, ihr Eigentum etc. zu schützen im Extremfall mit ihrem Leben einstehen. Für Frauen ist der Staat gleichermaßen da wie für Männer (und es muss sogar die Frage gestellt werden, ob der Staat sich in wesentlichen Bereichen wie z. B. Gewaltschutz, Bildung, Arbeitsmarkt, Gesundheit, Elternrechte etc. recht einseitig fast nur noch um die Interessen von Frauen kümmert - aber das ist eine andere Diskussion), von ihnen jedoch wird kein solches Opfer verlangt. Männer müssen für das Gute, dass der Staat ihnen zu tun beansprucht, unter Umständen ihr Leben einsetzen, Frauen bekommen es ohne verlangte Gegenleistung geschenkt (wobei man sich wie gesagt fragen muss, ob wir nicht längst in einem Staat angekommen sind, der sich exklusiv auf Frauenbefürsorgung spezialisiert hat, Männer also möglicherweise für den Bestand eines Staates sterben müssen, den ihre Rechte und Bedürfnisse herzlich wenig kümmern, weil er sich nur für den Teil der Bevölkerung interessiert, der von diesem Opfer gerade ausgenommen ist - eine doppelte Klassengesellschaft gewissermaßen, aber das ist eben ein eigenes Thema).


    Der Einwand, dass Frauen aber doch Kinder bekämen und dadurch dem Staat dienten, trägt nun wirklich nicht. Sich fortzupflanzen ist ein genuines Eigeninteresse des Menschen und Teil der Entfaltung seiner Persönlichkeit, moderner gesprochen: seiner Selbstverwirklichung. Frauen entscheiden dank moderner Verhütungsmethoden und eines Abtreibungsrechts, das nur in den Augen ausgesprochen idealistischer Gemüter noch etwas mit dem Schutz des ungeborenen Lebens zu tun hat selbst, ob und wann sie Kinder bekommen. Zweck ist immer das persönliche Glück durch die Familiengründung, die "Produktion" künftiger Steuer- und Sozialabgabenzahler, also der Dienst an der Gemeinschaft, nur Nebeneffekt. Wie wenig das Bekommen von Kindern mit einem Dienst an der Gemeinschaft zu tun hat, kann man in der VR China besichtigen: ein völlig überbevölkertes Land, dessen Regierung klugerweise die Ein-Kind-Familie propagiert - und keinen interessiert es. Das Ego ruft eben nach einer größeren Familie, wen interessieren da die Probleme der Gemeinschaft?


    Und was noch wichtiger ist: einem Staat, der um des Menschen Willen da ist bzw. da zu sein beansprucht, verbieten sich solche Klassifizierungen von Menschen nach Zweckdienlichkeit. Rein biologisch ist es natürlich richtig, ein Mann kann jeden Tag mehrere Kinder zeugen, eine Frau ist nur an wenigen Tagen des Monats fruchtbar und es dauert neun Monate, ein Kind auszutragen - ein Kind.. Trotzdem darf ein Staat, der seine Legitimation daraus ableitet, um des Menschen Willen da zu sein, daraus nicht folgern, dass Frauen für ihn wertvoller sind und er, wenn es um seinen Bestand geht, darum eben nur Männer opfert. Der Staat ist für jede einzelne Frau als Individuum da, weil sie ein mit Gewissen und Verstand begabtes Geschöpf ist, und nicht, weil sie eine Gebärmutter hat, in der neue Steuer- und Rentenversicherungsbeitragszahler heranwachsen können. Und ebenso ist er für jeden einzelnen Mann da, weil er ein mit Gewissen und Verstand begabtes Geschöpf ist, und nicht, weil er im Existenzkampf ein für ihn gleichsam nützlicher wie verschmerzbarer Verlust ist.


    Ein anderer, in der Diskussion bislang kaum beachteter diskriminierender Aspekt der Wehrpflicht ist - das Lebensalter! Zwar sind laut Wehrpflichtgesetz im Verteidigungsfall männliche deutsche Staatsangehörige bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres wehrpflichtig, aber der Teufel steckt wie so oft im Detail. Zum Ende jedes Jahres vernichten die Wehrverwaltung und das Bundesamt für den Zivildienst gemäß dem Wehrpflichtgesetz die Personalunterlagen aller Wehrpflichtigen, die im ablaufenden Jahr das 32. Lebensjahr vollendet haben (ausgenommen Unteroffiziere, Offiziere sowie Wehrpflichtige, die der Alarm- oder Beorderungsreserve angehören). Das bedeutet, es ist dann für die Bundeswehr bzw. das Bundesamt für den Zivildienst nicht mehr feststellbar, wer Wehrdienst geleistet hat oder warum nicht, wer für welchen Dienstposten ausgebildet ist usw. Das bedeutet wiederum, man geht davon aus, im Verteidigungsfall keinen Bedarf an über 32-jährigen Männern in Mannschaftsdienstgraden - zu Deutsch: als Kanonenfutter - zu haben. Für die Verteidigung des die Rechte aller Deutschen schützenden Staates sollen nur junge Männer bis einschließlich 31 Jahre eingesetzt werden.


    Damit ist die Drei-Klassen-Gesellschaft perfekt: die erste Klasse sind Frauen - sie genießen mindestens alle Rechte und Privilegien deutscher Staatsangehöriger, wenn nicht auf Grund ihres Geschlechts noch zahlreiche besondere Vorzüge (siehe oben). Die zweite Klasse sind Männer über 32, sie profitieren von der Gnade der rechtzeitigen Geburt und müssen für den Nutzen, den der Bestand des deutschen Staates ihnen bringt, voraussichtlich nicht mehr sterben. Die dritte Klasse schließlich sind Männer zwischen 18 und 32 Jahren - die werden eben geopfert, wenn der Bestand der Bundesrepublik Deutschland in Gefahr ist. Rechtfertigung: sie profitieren ja von der Bundesrepublik, ihrer Wertordnung und Politik, also müssen sie für deren Existenz auch ihr Leben einsetzen. Die erste und zweite Klasse zwar auch, und die erste Klasse vielleicht insbesondere, aber mit dieser Ungleichbehandlung hat niemand ein Problem. Männer sind doch eh nur Dreck, junge Erwachsene haben auch nichts zu sagen, und junge erwachsene Männer sind sowieso alle kriminell und schlecht ausgebildet, nehmen erst den göttlichen jungen Frauen die guten Jobs weg, verkloppen und vergewaltigen sie anschließend und lassen sie mit den Kindern sitzen. Sobald die Klontechnik weit genug fortgeschritten ist vergasen wir die sowieso alle und züchten nur noch im Labor die benötigte Zahl Soldaten, um in "Out-of-Area-Einsätzen" die afghanischen Frauen zu befreien.


    Um es mit dem Titel der Glosse des wöchentlichen ZDF-Pilotmagazins Frontal21 zu sagen: "Toll!"

    Amber Marie Ford
    Richterin am Unionsgericht
    Unionsministerin der Justiz a. D.
    Präsidentin des Unionsparlamentes a. D.
    Unionsvorsitzende der FDU a. D.
    Ministerpräsidentin des Freistaates Freistein a. D.
    Oberste Unionsanwältin a. D.

  • Zitat

    Original von Amber Marie Ford
    Die Bundesrepublik Deutschland beansprucht für sich, um des Menschens Willen zu existieren. Und zwar um jedes einzelnen (ihrer Staatsgewalt unterworfenen) Menschens Willen, der Mensch ist hier nicht als Gattung, sondern als Individuum zu verstehen. Daraus leitet sie ihre Legitimation ab.


    Ja, Theorie bzw. Sonntagsartikel und Wirklichkeit bzw. politische Praxis sind ja öfter mal etwas auseinander. Aber dass die BRD auf dem Papier so christlich-individualethische Ansprüche hat, wusste ich bisher noch nicht.

  • Zitat

    Original von Kathryn Janeway
    Die Wehrpflicht ist wegen Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 1, Abs. 3 i. V. m. Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 iVm Art. 19 Abs. 2, Art. 79 Abs. 3 GG sowieso unzulässig. Sklavendienst lässt sich nicht mit Freiheit und Gerechtigkeit vereinbaren.


    Wie kann bezahlte Arbeit denn Sklavendienst sein? Zudem gibt es ja ausreichend Alternativen : Zivildienst und K-Schutz nämlich. Wobei man mMn in beiden Bereichen mehr für die Allgemeinheit leistet als bei der Bundeswehr. Das ist auch der Grund weshalb ich selbst wohl K-Schutz im CBRN-Zug machen werde. Aber wo bitte sind in Deutschland dank Wehrpflicht Männer und Frauen gleich vor dem Gesetz? ;)

  • 1. Auch wenn der Wehrpflichtige bezahlt wird: Er kann nicht von sich aus den Wehrdienst kündigen, er kann nicht über die Höhe seines Soldes mitbestimmen, er darf nicht streiken etc. pp. Ergo: Er ist ein Leibeigener, über den sein Herr nach Gutsherrenart allein bestimmt. Er darf ihn ja sogar legal in den Tod schicken.


    2. Ich habe nicht die Gleichheit vor dem Gesetz, sondern die Gleichberechtigung von Mann und Frau und das Diskriminierungsverbot angesprochen.

  • Zitat

    Original von Kathryn Janeway
    1. Auch wenn der Wehrpflichtige bezahlt wird: Er kann nicht von sich aus den Wehrdienst kündigen, er kann nicht über die Höhe seines Soldes mitbestimmen, er darf nicht streiken etc. pp. Ergo: Er ist ein Leibeigener, über den sein Herr nach Gutsherrenart allein bestimmt. Er darf ihn ja sogar legal in den Tod schicken.


    2. Ich habe nicht die Gleichheit vor dem Gesetz, sondern die Gleichberechtigung von Mann und Frau und das Diskriminierungsverbot angesprochen.


    1. Das stimmt so nicht. Aus zuverlässiger Quelle (ehem. Fallschirmjäger, Einzelkämpfer, akt. Kasernenleiter) weiß ich dass Wehrpflichtige nach aktuell gültigem Recht in ihrer Wehrpflichtszeit nicht zu Auslandseinsätzen verpflichtet werden können. Erst wenn sie den Dienst freiwillig verlängern ist dem so. Und wie gesagt, man kann sich frei aussuchen ob man den Wehrdienst oder einen anderen Dienst für die Allgemeinheit antritt. Ergo wird auch die Freiheit nicht beschnitten, da man jederzeit den Dienst an der Waffe verweigern kann. Es gibt für garantiert beinahe jeden männlichen erwachsenen irgendeinen interessanten "Wehrdienstersatz", sei es ein Pflegeberuf, eine Tätigkeit im Rettungsdienst, ein Betreuungsdienst, ein Dienst für die Gemeinde, ein Hausmeisterjob (ja, auhc das machen Zivis) oder sei es die Mitarbeit in einer Schnelleingreifgruppe (oder wars ne Schnelleinsatzgruppe) [SEG] des DRK / der JUH / des MHD etc, oder sei es die Mitarbeit im K-Schutz des Bundes, zB in einem CBRN-Zug (vormals ABC-Zug).

  • Zitat

    Original von Kathryn Janeway
    Das mit den Auslandseinsätzen ist mir bekannt, nur hat keiner davon geredet :rolleyes:.


    Wohin sonst soll man einen Soldaten in den Tod schicken wenn nicht ins Ausland? Wie wahrscheinlich ist ein Kriegseinsatz in Deutschland?

  • Und prinzipiell sind Leute die sich freiwillig für den Wehrdienst entscheiden (und das tun sie, denn es gibt ja bekannte Alternativen) nicht wesentlich mehr gefährdet als jeder andere auch. Klar kann es im Wehrdienst durchaus auch zu UNfällen kommen - das kann es in der Schreinerlehre zB aber auch. Das Argument "in den Tod schicken" kannst du nicht zählen. Allgemein noch ne Frage : Ist für dich Zivil- und K-Schutz-Dienst auch Sklavenarbeit oder nur der Wehrdienst?

  • Zitat

    Original von Tony Gold
    Und prinzipiell sind Leute die sich freiwillig für den Wehrdienst entscheiden (und das tun sie, denn es gibt ja bekannte Alternativen) nicht wesentlich mehr gefährdet als jeder andere auch. Klar kann es im Wehrdienst durchaus auch zu UNfällen kommen - das kann es in der Schreinerlehre zB aber auch. Das Argument "in den Tod schicken" kannst du nicht zählen. Allgemein noch ne Frage : Ist für dich Zivil- und K-Schutz-Dienst auch Sklavenarbeit oder nur der Wehrdienst?


    Es ist egal, ob du nun den Wehrdienst, Zivildienst oder K-Schutz machst: Du hast nicht die Alternative, gar nichts davon zu machen und damit ist es alles Sklavendienst. Weil es auf Zwang beruht.

  • Also, ob die Wehrpflicht jetzt Sklavendienst ist, möchte ich in seiner Drastik mal nicht so unterschreiben. Dass sie aber verfassungsrechtlich immer noch recht fragwürdig und damit auch abgeschafft gehört, das findet auch meine Zustimmung. Und ja, damit wird auch der Zivildienst oder andere Ersatzdienste abgeschafft. Gründe dafür wurden hier schon genannt. Männer und Frauen werden nicht gleichermaßen herangezogen, die fehlende Wehrgerechtigkeit, all das würde die ersatzlose Streichung des Pflichtdienstes vollkommen rechtfertigen.
    Zudem sind es noch andere Gründe die für die Einführung einer Berufsarmee sprechen. Sie kann man wesentlich effektiver und mobiler ausgestalten.


    Fazit: Der Pflichtdienst muss weg!

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