ZitatOriginal von Hajo Poppinga
Deswegen verlieren wir ja auch von Wahl zu Wahl an Stimmen.
Das ist halt die Frage, zumindest eine Frage: Verschreckt die CDU viele Stammwähler bzw. konservative und liberal-konservative Wähler?
Wenn ja, dann müssen diese ins Nichtwählerlager gewechselt sein, denn nationalkonservativen Republikaner oder christlich-konservative Alternativen wie die AUF-Partei erzielen nur marginale Wahlergebnisse.
Wenn ja, verliert die Union mehr Wählerstimmen, als sie durch den neuen - bisher noch etwas undeutlichen - Kurs gewinnt? Das sagen manche Kommentatoren.
Oder ist es eher so, wie führende CDU-Strategen derzeit sagen: Es gibt die alten Wählergruppen, wie die Nationalkonservativen, Christlich-Konservativen und Wirtschaftsliberalen gar nicht mehr, bzw. nur noch als kleine Minderheiten.
Diese "alten Wähler" würden ja z.B. für eine Stärkung der traditionellen Familie (gegenüber der staatlichen Versorgungsübernahme) stehen. Für stärkere Eigenverantwortung und gesellschaftliche Hierarchien (gegenüber dem heute vorherrschenden unklaren Bild von einem egalitären Ideal) und für weniger sozialkulturelle Staatsabhängigkeit und stattdessen mehr Gemeinschaft (Familie, Verein, Kirche etc.).
Die Umfragen geben hier in einigen Punkten den "Modernisierern" gegenüber den "Rückbesinnern" recht. Wenn auch, weil oft zu pauschal und unklar formuliert, Umfragen mit Vorsicht zu genießen sind.
So bezeichnen sich nur noch rund 8-17% (je nach Befragung) der Menschen als regelmäßige Kirchgänger. Die Bindungskraft der Kirchen hat sehr stark nachgelassen. Das heißt nicht, dass das nicht wieder anders werden könnte (obwohl Wissenschaft und Moderne das Umfeld für traditionellen Glauben schwieriger machen). Aber derzeit leben wir in einer sehr säkularen Gesellschaft. Diese ist zwar auf der Sinnsuche, viele finden aber einen Sinn eher in einer selbstgegebenen Menschheitsaufgabe Klimaschutz und anderen weltlich orientierten Ideen. Hier passt sich die "neue CDU" mit ihren öko-spirituellen Anleihen vielleicht gut in den Zeitgeist ein. Mit einem ökologischen und (soziale und innere) Sicherheit-durch-mehr-Staat-Profil könnte sie eventuell eine neue, pragmatische, wenig kulturell vorgeprägte und orientierungssuchende Mitte ansprechen.
Aber vielleicht wird die CDU dadurch auf Dauer auch ihre eigene Überflüssigkeit verfolgen, wenn sie nur noch dem Zeitgeist hinterherläuft. Denn 1. kann dieser sich bei einem verschärfteren Offenbarwerden der Auswirkungen der Krise wieder ändern. Und 2. wählen irgendwann eventuell viele Leute doch das Original (Grüne, SPD, etc.), wenn die CDU zu sehr den (mehr oder weniger) oberflächlichen Stimmungen hinterherjagt, anstatt eigene Ideen zu entwickeln und dadurch das Image einer Kopie bekommt.
Zitat
Von Deiner Sorte gibt es aber zu wenig, sonst verlöre die CDU nicht von Bundestags- zu Bundestags- und von Landtags- zu Landtagswahl - ungefähr in der ihr Kurs der sog. "Modernisierung" anhält. Da setzt man besser auf treue Wählerschichten, die derzeit aber verschreckt sind.
Das Vertrauen in die Volksparteien und die Milieubindung, Stammwählerschaft etc. sollen seit Jahren zurückgehen. Das stimmt empirisch wohl auch.
Die einen sagen: Die CDU hat wegen des pragmatischen Kurses von Merkel noch relativ gut abgeschnitten, mit anderem, klarerem Profil hätte sie noch mehr verloren.
Die anderen sagen: Die Merkelsche Umgestaltung der CDU verstärkt den Vertrauens- und Integrationsverlust der Volksparteien. Die CDU sollte eher mehr Profil wagen und mit eigenem, nicht rein zeitgeistigen Forderungen und Anspruch eher die Kultur mitprägen, als sie nur nachempfinden zu wollen.
Was ist "näher am Menschen"?