Rücktritt Roland Koch

  • Zitat

    Original von Hajo Poppinga


    Deswegen verlieren wir ja auch von Wahl zu Wahl an Stimmen. ;)


    Das ist halt die Frage, zumindest eine Frage: Verschreckt die CDU viele Stammwähler bzw. konservative und liberal-konservative Wähler?
    Wenn ja, dann müssen diese ins Nichtwählerlager gewechselt sein, denn nationalkonservativen Republikaner oder christlich-konservative Alternativen wie die AUF-Partei erzielen nur marginale Wahlergebnisse.
    Wenn ja, verliert die Union mehr Wählerstimmen, als sie durch den neuen - bisher noch etwas undeutlichen - Kurs gewinnt? Das sagen manche Kommentatoren.
    Oder ist es eher so, wie führende CDU-Strategen derzeit sagen: Es gibt die alten Wählergruppen, wie die Nationalkonservativen, Christlich-Konservativen und Wirtschaftsliberalen gar nicht mehr, bzw. nur noch als kleine Minderheiten.


    Diese "alten Wähler" würden ja z.B. für eine Stärkung der traditionellen Familie (gegenüber der staatlichen Versorgungsübernahme) stehen. Für stärkere Eigenverantwortung und gesellschaftliche Hierarchien (gegenüber dem heute vorherrschenden unklaren Bild von einem egalitären Ideal) und für weniger sozialkulturelle Staatsabhängigkeit und stattdessen mehr Gemeinschaft (Familie, Verein, Kirche etc.).


    Die Umfragen geben hier in einigen Punkten den "Modernisierern" gegenüber den "Rückbesinnern" recht. Wenn auch, weil oft zu pauschal und unklar formuliert, Umfragen mit Vorsicht zu genießen sind.
    So bezeichnen sich nur noch rund 8-17% (je nach Befragung) der Menschen als regelmäßige Kirchgänger. Die Bindungskraft der Kirchen hat sehr stark nachgelassen. Das heißt nicht, dass das nicht wieder anders werden könnte (obwohl Wissenschaft und Moderne das Umfeld für traditionellen Glauben schwieriger machen). Aber derzeit leben wir in einer sehr säkularen Gesellschaft. Diese ist zwar auf der Sinnsuche, viele finden aber einen Sinn eher in einer selbstgegebenen Menschheitsaufgabe Klimaschutz und anderen weltlich orientierten Ideen. Hier passt sich die "neue CDU" mit ihren öko-spirituellen Anleihen vielleicht gut in den Zeitgeist ein. Mit einem ökologischen und (soziale und innere) Sicherheit-durch-mehr-Staat-Profil könnte sie eventuell eine neue, pragmatische, wenig kulturell vorgeprägte und orientierungssuchende Mitte ansprechen.


    Aber vielleicht wird die CDU dadurch auf Dauer auch ihre eigene Überflüssigkeit verfolgen, wenn sie nur noch dem Zeitgeist hinterherläuft. Denn 1. kann dieser sich bei einem verschärfteren Offenbarwerden der Auswirkungen der Krise wieder ändern. Und 2. wählen irgendwann eventuell viele Leute doch das Original (Grüne, SPD, etc.), wenn die CDU zu sehr den (mehr oder weniger) oberflächlichen Stimmungen hinterherjagt, anstatt eigene Ideen zu entwickeln und dadurch das Image einer Kopie bekommt.


    Zitat


    Von Deiner Sorte gibt es aber zu wenig, sonst verlöre die CDU nicht von Bundestags- zu Bundestags- und von Landtags- zu Landtagswahl - ungefähr in der ihr Kurs der sog. "Modernisierung" anhält. Da setzt man besser auf treue Wählerschichten, die derzeit aber verschreckt sind.


    Das Vertrauen in die Volksparteien und die Milieubindung, Stammwählerschaft etc. sollen seit Jahren zurückgehen. Das stimmt empirisch wohl auch.
    Die einen sagen: Die CDU hat wegen des pragmatischen Kurses von Merkel noch relativ gut abgeschnitten, mit anderem, klarerem Profil hätte sie noch mehr verloren.
    Die anderen sagen: Die Merkelsche Umgestaltung der CDU verstärkt den Vertrauens- und Integrationsverlust der Volksparteien. Die CDU sollte eher mehr Profil wagen und mit eigenem, nicht rein zeitgeistigen Forderungen und Anspruch eher die Kultur mitprägen, als sie nur nachempfinden zu wollen.


    Was ist "näher am Menschen"?

  • Die USA machen es vor, dass ein klarer Rechtsdrift auf im 21. Jahrhundert möglich ist.


    Was unterscheidet die dortige von unserer Rechten? Unsere ist kleinlaut, in der ewigen Defensive, ein Haufen von erbärmlichen Speichelleckern und Jammerlappen. In den USA dagegen hat man begriffen, dass die Antwort auf die Linke nur in der Radikalisierung liegen kann und darf. Der Preis dafür ist eine zutiefst gespaltene Nation, aber dort steht der zeitgeistigen Linken eine überaus starke Rechte gegenüber, die umso stärker wird, je radikaler sie auftritt. Man vergleiche nur das erbärmliche permanente Rückzugsgefecht der katholischen Kirche mit dem vor Kraft strotzenden Vormarsch der Evangelikalen. Niemand will auf der Seite der dauerhaften Verlierer stehen. Deswegen: Nicht Rückzug, sondern Angriff ist die beste Verteidigung. Im Duktus eines der wenigen Politiker in Deutschland, die das begriffen haben: "Was wir jetzt brauchen, das sind mutige Männer, die die roten Ratten in ihre Löcher zurückjagen." Das ist genau die Sprache, die heute in den USA in Slogans deutlich und massentauglich ist wie "the black guy is not my president" und "Washington is broken!"


    It's time for real conservative change!


    http://www.faz.net/s/RubFC06D3…Tpl~Ecommon~Scontent.html

  • Es sind aber auch deutliche allgemeinkulturelle Unterschiede zwischen den USA und Westeuropa festzustellen. Religiösität, Vorstellung von Gerechtigkeit und Freiheit, Vorstellung von der Rolle des Staates etc.
    Dass die moderne demokratische Rechte nicht hoffnungslos verloren ist, glaube ich auch. Es gibt bei den Menschen grundsätzlich Neigungen und Erwartungen, die die Linke in allen heutigen Formen nicht abdecken kann. Wie viel aber an alten, konservativen Elementen drin sein müssen oder können, und wie viel neue oder veränderte alte Antworten gegeben werden können, ist die daraus resultierende Frage.

  • Zitat

    Original von Ot Helfsen
    Es sind aber auch deutliche allgemeinkulturelle Unterschiede zwischen den USA und Westeuropa festzustellen. Religiösität, Vorstellung von Gerechtigkeit und Freiheit, Vorstellung von der Rolle des Staates etc.


    Auch in Europa gibt es ein Erstarken der Parteien, die ein klar rechtes Profil zeigen - sei das die Fidesz in Ungarn, die SVP in der Schweiz oder die Fortschrittspartei in Norwegen. Diese Parteien haben alle gemeinsam, dass sie auf den 68 beginnenden Kampf der Linken um die ideell-kulturelle Deutungshoheit nicht mit Rückzugsgefechten und "Modernisierung" reagieren, sondern eine der wichtigsten Emotionen im politischen Geschäft - den Hass auf den politischen Gegner - schüren und ein klares Gegenbild, ein deutliches "Wir gegen die" aufbauen.

  • Übrigens, von wegen die Union wäre mit der Strategie gut gefahren:


    Forsa vom 1. Juni: CDU / CSU bundesweit noch 30 % !


    Ich würde jetzt sagen: Weg mit Merkel! Aber: Die Union hat ja nichtmal mehr jemanden, der übernehmen kann. Koch geht, Mappus und McAllister sind noch nicht soweit. Armes Land.

  • Der Kulturkampf in der CDU ist derzeit in vollem Gange. Er muss wie gesagt auch ausgetragen werden. Wie die CDU in die nächste Bundestagswahl geht ist meiner Meinung nach inzwischen wieder offen.
    Bisher saß Merkel mit den variablen Optionen schwarz-rot und schwarz-gelb sehr sicher im Amt. Aber nachdem die Angst und daraus abgeleitete Wut der Krise nun nicht mehr nur auf die FDP, sondern auch die CDU projiziert wird, bzw. die Bundesregierung als Symbol dafür die allgemeine Gesellschaftskrise benutzt wird, ist auch die CDU voll in der Vertrauenskrise angekommen.
    Ob Merkel ihre bisher seit 2005 relativ erfolgreiche Taktik des "Sowohl als ich sage aber auch" und möglichst wenig festlegbaren Stellungbeziehens weiterführen kann ist jetzt erstmals in Frage gestellt.

  • Zitat

    Original von Richard Stresemann
    Übrigens, von wegen die Union wäre mit der Strategie gut gefahren:


    Forsa vom 1. Juni: CDU / CSU bundesweit noch 30 % !


    Ich würde jetzt sagen: Weg mit Merkel! Aber: Die Union hat ja nichtmal mehr jemanden, der übernehmen kann.



    :D

  • Tillich ist kein schlechter, aber keiner für den Bund. Er ist ein guter MP für Sachsen und sollte das bleiben.


    Die Union hat nur noch eine handvoll brauchbaren Leuten für die - hoffentlich bald anbrechende - Nach-Merkel-Zeit; Mappus und McAllister dürften eines Tages die Kanzlerkandidatur unter sich ausmachen, dann haben wir in Bayern noch Söder, Weber und Fahrenschon (den Baron mit dem schizophrenen Verhältnis zu unseren Streitkräften habe ich geistig aus der Liste brauchbarer Politiker gestrichen, der gehört gedanklich ab jetzt zum System Merkel; und der Herr JU-Bundesvorsitzende ist zwar politisch ein Konservativer, aber ein Dummschwätzer sonders gleichen), mehr is nicht.

  • Zitat

    Original von Richard Stresemann
    Die Union hat nur noch eine handvoll brauchbaren Leuten für die - hoffentlich bald anbrechende - Nach-Merkel-Zeit;[...]


    Drei Möglichkeiten für Bündnisse ab 2013 (oder bei Neuwahl schon vorher):


    "Neue Bürgerlichkeit": Schwarz-grün;
    Mögliche(r) Kanzler(in): Merkel, von der Leyen, oder einem anderen Kandidaten aus der Merkel-Richtung. Kristina Schröder ist noch zu jung), Julia Klöckner noch bisher ohne Amtserfahrung.


    Schwarz-rot: Beliebt, steht für Verlässlichkeit und gegenseitige Neutralisierung zwischen wirtschaftsliberalem CDU-Rand und linkssozialdemokratischem SPD-Flügel.
    Kanzler(in): Merkel, von der Leyen oder irgend einer aus der Merkel-Richtung der "Modernisierer".


    Rot-grün-rot: Klingt nominell nach Veränderungskoalition. Könnte aber auch schwarz-rote Politik machen, mit stärkerem Akzent auf staatlichen Lösungen.
    Oppositionsführer: Offen, je nach dem wie sich der Richtungskampf zwischen "Modernisierern" und "Rückbesinnern" bzw. "Traditionalisten" etc. entwickelt.

  • Ich glaube eher an eine Ampel. Westerwelles Macht schwindet zusehends, und nach Westerwelle wird die FDP das tun, was sie schon immer getan hat: ihr Fähnchen in den Wind hängen.


    Bundeskanzler Gabriel. Naja. Auch schon egal.

  • Zitat

    Original von Richard Stresemann
    Ich glaube eher an eine Ampel. Westerwelles Macht schwindet zusehends, und nach Westerwelle wird die FDP das tun, was sie schon immer getan hat: ihr Fähnchen in den Wind hängen.


    Das ist auch noch eine Option: Jede Partei will irgendwie auch als Teil der Gemeinschaft akzeptiert werden und wenigstens teilweise anerkannt sein. Deshalb wächst auch in der FDP derzeit die Kritik an der marktliberalen Ausrichtung. Die Sozialliberalen könnten den Ansehensverlust jeglicher marktwirtschaftlicher Reformen nutzen und die FDP wieder in die andere Richtung ausrichten. Dann wären sie auch wieder koalitionsfähig und könnten wieder Teil der politisch-kulturell anerkannten Gesellschaft sein. Das wäre für homo oeconomicus wie für homo sociologicus eine gewinnbringende Anpassung an die Verhältnisse.


    Zitat

    Bundeskanzler Gabriel. Naja. Auch schon egal.


    Ja mei. Er ist zwar ein Populist, der vieles ohne große Skrupel instrumentalisiert. Aber er wäre auch niemand, der Deutschland retten oder schneller zu Grunde richten könnte. Was passiert, passiert.

  • Unser System fällt zusehends in sich zusammen. Der historische Unfall im Kanzleramt hat die Lage nicht mehr ansatzweise im Griff. In der Regierung kämpft jeder gegen jeden, die CDU denkt laut FAZ ernsthaft über eine Aufkündigung der Fraktionsgemeinschaft mit der CSU nach, ein launiger, überheblicher Adelsfatzke im Amt des Bundesverteidigungsministers schmeißt gestern unmotiviert mal eben die Wehrpflicht über Bord, um heute seinen Rücktritt anzudrohen, die FDP rutscht in Umfragen der 5 %, eine Partei, die mit populistischen Steuersenkungsparteien erfolgreich opponiert hat, in der Regierung aber auf verlorenem Posten steht. Sparpakete, die aus Luftbuchungen und Lachnummern bestehen, werden als historisch verklärt und als unsozial wahrgenommen, während gleichzeitig die deutschen Krankenkassen absaufen und in Europa der Flächenbrand der Schuldenkrise Spanien erfasst. Präsidenten und Ministerpräsidenten verlassen das sinkende Schiff, in Bayern will selbst eine Mehrheit der CSU-Wähler keine Alleinregierung ihrer Partei mehr, in NRW drückt sich die SPD vor der Regierungsverantwortung und stürzt ein ganzes Bundesland ins Chaos.


    Da bricht es in sich zusammen, dieses erbärmliche "beste System, das Deutschland je hatte" - die BRD.

  • Zitat

    Original von Yaashur al-banabi
    Abwarten, Unglückspropheten gab es immer


    Staatsbankrotte auch. Das ist ja nicht der Untergang der Welt. Nur der Bankrott einer bestimmten Herrschaftsform. Danach geht es wieder von vorne los.


    Zitat

    und mit Panikmache kann man perfekt Geld verdienen.


    Wenn nach Steuern und Abgaben was übrig bleibt ist das doch auch in Ordnung.


    Zitat

    Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird.


    Ein schöner Abschluss zum Thema "Koch tritt zurück". ;)

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