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Oberstes Unionsgericht
Aktenzeichen: ObUG 03/09
Inkrafttreten: 05.08.2010
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Organstreitverfahren gem. §12 UGerG
der Republik Roldem
- Klägerin -
gegen
die ehemalige Unionsministerin der Finanzen
- Beklagte -
hat das Oberste Unionsgericht nach Art. 58 UVerf, § 12 UGerG durch
den Vorsitzenden Dr. Enno Janßen,
die Beigeordnete Laura van Middelburg,
und den Beigeordneten Prof. Dr. Heinrich von Löwenherz
für Recht erkannt:
1. Die Unionsministerin der Finanzen hat keine Pflichtverletzung
begangen, indem sie Anfragen der Republik Roldem und der Unionsrepublik
Heroth nicht beantwortete.
2. Die Geschäftsordnung der Unionsrates konnte in der derzeit geltenden Fassung eine solche Pflicht nicht begründen.
Gründe:
I.
Der Kläger beantragt festzustellen, daß der Beklagte (hier ehemalige
Unionsministerin der Finanzen) verfassungswidrig gehandelt hat, indem er
die parlamentarische Anfrage des Unionsrates vom 05.04.2009 nicht
beantwortet hat.
Er trägt zur Begründung vor, daß laut Absatz 1 Artikel 34 der Verfassung
der Demokratischen Union der Unionsrat das Recht habe, von jedem
Mitglied der Unionsregierung Stellungnahmen zu Anfragen des Unionsrates
zu verlangen. Dies impliziere eine Pflicht zur Beantwortung der Anfrage
durch die Unionsregierung, was gerichtlich durch die Urteile der
Verfahren UVerWG 2008-01 und UVerWG 2008-02 für Abgeordnete des
Unionsparlaments zuträfe und daher gemäß der sinngemäßen Gleichheit der
Artikel 28 und 34 der Verfassung der Demokratischen Union auch für
Mitglieder des Unionsrates zuträfe.
Ferner trägt er vor, die Bestimmungen des Absatz 1 Artikel 34 der
Verfassung der Demokratischen Union würden durch Absatz 1 Paragraph 6
der Geschäftsordnung des Unionsrates präzisiert: Demnach habe die
Beantwortung einer Anfrage innerhalb von einer Woche nach
Antragsstellung durch den zuständigen Unionsminister zu erfolgen. Die
Geschäftsordnung eines obersten Unionsorgans könne gemäß Absatz 1
Artikel 58 der Verfassung der Demokratischen Union vor dem Unionsgericht
ausgelegt werden, wie es z.B. bereits in den Verfahren UVerWG 2008-01
und ObUG 2008-04 geschehen sei.
Schließlich trägt er vor, der Kläger habe am 26.03.2009 und 29.03.2009
je eine Anfrage an die Beklagte im Antrags-Thread des Unionsrates
gestellt. Erste sei am 27.03.2009 unter dem Aktenzeichen "Anfrage
2009/16 an die Unionsministerin der Finanzen (Heroth)" veröffentlicht
worden, sodass eine Beantwortung gemäß Absatz 1 Paragraph 6 der
Geschäftsordnung des Unionsrates bis spätestens 03.04.2009 habe erfolgen
müssen. Der Beklagte habe die Anfrage bis zu ihrem Rückzug am
29.04.2009 nicht beantwortet und verletze dadurch das Recht des Klägers
aus Absatz 1 Artikel 34 der Verfassung der Demokratischen Union. So
verhalte es sich auch mit der zweiten Anfrage, die am am 31.03.2009
unter dem Aktenzeichen "Anfrage 2009/19 an die Unionsministerin der
Finanzen (Roldem)" veröffentlicht worden, sodass eine Beantwortung gemäß
Absatz 1 Paragraph 6 der Geschäftsordnung des Unionsrates bis
spätestens 07.04.2009 habe erfolgen müssen. Die Ministerin habe die
Anfrage bis zu ihrer Entlassung aus ihrem Amt als Unionsministerin der
Finanzen am 30.04.2009 nicht beantwortet und verletze dadurch das Recht
des Klägers aus Absatz 1 Artikel 34 der Verfassung der Demokratischen
Union.
II.
Die Beklagte hat keine Stellung zur Klage genommen.
III.
Die Klage ist unzulässig und auch unbegründet.
IV.
Der Kläger begehrt hier die Feststellung einer Pflichtverletzung, hier
verfassungswidrigen Handelns. Dabei gibt der Kläger an, er habe ein
Interesse an der Feststellung, weil er in seinen Rechten aus Art. 34
UVerf verletzt sei.
Dies greift jedoch nicht durch. Nach Art. 34 UVerf hat der Unionsrat das
Recht, jederzeit die Beantwortung von Anfragen durch die
Unionsregierung zu verlangen. Kläger ist die Republik Roldem. Sie kann
ein Recht des Unionsrates nicht geltend machen.
Somit kann der Kläger bereits kein ausreichendes Feststellungsinteresse
nachweisen. Dieses ist jedoch, wie überhaupt auch für alle
verwaltungsgerichtlichen Klagearten, zwingend notwendig.
Demnach ist die Klage bereits nicht zulässig.
V.
Die Klage wäre aber auch nicht begründet gewesen. Das Recht zur
Verlangung einer Stellungnahme zu einer Anfrage durch den
Unionspräsidenten und die Unionsregierung steht gem. Art 34 UVerf dem
Unionsrat zu. Damit ist dieser Artikel in Bezug auf die
Antragsberechtigten gerade nicht sinnverwandt mit Art. 28 UVerf, der das
Recht zur Verlangung einer Stellungnahme nicht etwa sinngleich dem
Organ Unionsparlament einräumt, sondern vielmehr den einzelnen
Mitgliedern des Unionsparlamentes. Gerade dies hat der Verfassungsgeber
in Art. 34 UVerf nicht getan, hier hat nur das Organ Unionsrat, nicht
seine Mitglieder, dieses Recht erhalten.
Diesem Umstand trägt auch der Unionsrat selbst in seiner
Geschäftsordnung Rechnung. So heißt es in § 6 II, daß auf Beschluß der
Mehrheit des Unionsrates jederzeit jedes Mitglied der Unionsregierung
verpflichtet werden kann, eine Anfrage zu beantworten. Darin liegt auch
die konsequente Ausgestaltung des Art. 34 UVerf: Erst auf Beschluß der
Mehrheit des Unionsrates hin wird aus der Anfrage eines Mitgliedes des
Unionsrates die Anfrage des Unionsrates an sich - und nur dann ist ein
Mitglied der Unionsregierung auch zur Beantwortung der Anfrage
verpflichtet.
Dies mag im Einzelfall umständlich wirken, ist aber erklärter Wille des
Verfassungsgebers, der ausdrücklich einen Unterschied zwischen
Mitgliedern des Unionsparlamentes und denen des Unionsrates ziehen
wollte.
Es handelte sich somit schon nicht um die zulässige Anfrage des
Unionsrates, sondern nur um die Anfrage eines Mitgliedes des
Unionsrates.
Die Geschäftsordnung des Unionsrates ist in ihrer derzeitigen Form aber
auch unzureichend ausgestaltet, um eine Pflicht von Mitgliedern der
Unionsregierung zur Beantwortung einer Anfrage statuieren zu können. So
ist die Bestimmung § 6 Abs. 1 GOUR schlechthin ungeeignet überhaupt eine
Pflicht für die Unionsregierung an sich zu begründen. Zum einen gibt
Artikel 34 UVerf dem Unionsrat nur das Recht, die Stellungnahme von
einem Mitglied der Unionsregierung zu verlangen, nicht hingegen von der
Unionsregierung an sich. Eine solche Pflicht kann auch die
Geschäftsordnung des Unionsregierung, letztlich nur die Satzung eines
der Verfassungsorgane, nicht begründen. Die Satzung eines
Verfassungsorganes ist nicht geeignet, Pflichten für ein anderes
Verfassungsorgan zu begründen. Anders verhielte es sich nur, wenn es
Gesetze existierte, welches dann die Unionsregierung bände.
Aber auch der dem Wortlaut des Art. 34 UVerf folgende Abs. 2 ist
unzureichend. Zwar wird er dem Erfordernis gerecht, daß es sich um eine
Anfrage des Unionsrates an sich, nicht der eines seiner Mitglieder,
handeln muß. Zweifel begegnet in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß
Anfragen nur an ein "Mitglied der Unionsregierung" gestellt werden
müssen. Eine solche Anfrage kann jedoch nur dann wirksam sein, wenn sie
an ein personell bestimmtes Mitglied der Unionsregierung oder an einen
Minister einer bestimmten Unionsregierung gestellt wird. Denkbar ist
auch eine hilfsweise Verknüpfung dieser beiden Voraussetzungen, etwa für
den Fall des Ausscheidens einer Person aus der Unionsregierung.
Forderte man diese Konkretisierung nicht, stünden unbeantwortete
Anfragen quasi ewig zur Beantwortung im Raume. Dies ist jedoch nicht im
Sinne des parlamentarischen Regierungssystems der Demokratischen Union,
dem ein personaler Wechsel innerhalb der Unionsregierung inherent ist.
Mit diesem personalen Wechsel vertrüge sich die sprichtwörtliche
"Übernahme von Altschulden" in diesen Fällen nicht, da die politische
Verantwortlichkeit einer Regierung in parlamentarischen Systemen immer
auch an konkrete Personen gebunden ist; dies wird auch durch das Konzept
der Vertrauensfrage oder des konstruktiven Mißtrauensvotums deutlich.
Soweit ein Verlangen nach neuerlicher Auskunft zu einer bestimmten Frage
besteht, muß nach Wechsel einer Unionsregierung (der sich regelmäßig
mit Wahl eines Uanzlers vollzieht) eine erneute Anfrage gestellt werden.
Dieses Konkretisierungserfordernis erfüllte vorliegend die Anfrage der Klägerin ebenfalls nicht.
Die Klage wäre folglich, sofern überhaupt zulässig, auch unbegründet gewesen.
V.
Die Klage war somit vollumfänglich abzuweisen.
Kostenentscheidung:
In analoger Anwendung des § 20 Abs. 1 S. 2 UGerG ist das
Organstreitverfahren vor dem Obersten Unionsgericht der Demokratischen
Union gerichtskostenfrei.
Das Oberste Unionsgericht am 05. August 2010
durch den Präsidenten des Obersten Unionsgerichtes Dr. Janßen
die hauptamtliche Unionsrichterin van Middelburg
und den nebenamtlichen Unionsrichter Prof. Dr. von Löwenherz
Dr.iur. Janßen
van Middelburg
Prof. Dr. von Löwenherz
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