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Berufung: Bont ./. Landeswahlleiter Katista
Oberstes Unionsgericht
Aktenzeichen: ObUG 2008-02
Inkrafttreten: 15.08.2010
URTEIL
vom 15. August 2010
Im Namen des Volkes
In dem Berufungsverfahren
des Landeswahlleiters der freien Republik Katista
- vertreten durch Herrn Advocat Poppinga
- Beklagter und Berufungskläger -
gegen
Frau Helen Bont
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Az. ObUG 2008/02
wegen
Anfechtung
hat das Oberste Unionsgericht durch die Unionsrichterin im Hauptamte van
Middelburg als Vorsitzende, den hauptamtlichen Unionsrichter Prof.
Bongerton und den nebenamtlichen Unionsrichter Prof. Dr. von Löwenherz
als Beisitzer für Recht erkannt:
- Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Unionsverwaltungsgerichts vom 12. Februar 2008 zum Az. UVerwG 2008/05 wird zurückgewiesen.
- Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits und des von ihm eingelegten Rechtsmittels.
- Der Streitwert wird auf 1.000 Bramer - in Worten: eintausend Bramer - festgesetzt.
Die Entscheidung erging einstimmig.
Begründung:
I.
Der Beklagte und Berufungskläger beantragt, das angefochtene Urteil des
Unionsverwaltungsgerichts vom 12. Februar 2008 zum Az. UVerwG 2008/05
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Er trägt zur Begründung seiner Berufung vor, das
Unionsverwaltungsgericht sei nach § 1a Abs. 3 lit. d) UGerG iVm § 12
Abs. 3 des Gesetzes über Katistianische Obergericht sachlich nicht
zuständig gewesen. Der Fall habe vielmehr vor das Katistianische
Obergericht gehört.
Das Unionsverwaltungsgericht habe seine Zuständigkeit rechtsirrtümlich
auf eine Unvereinbarkeit der §§ 3 und 5 des Gesetzes über das
Katistianische Obergericht mit den Art. 54 und 55 der Verfassung der
freien Republik Katista gestützt. Die entsprechenden
Verfassungsbestimmungen beträfen jedoch allein die hauptamtlichen
Richter der freien Republik, nicht die ehrenamtlichen Friedensrichter
des Katistianischen Obergerichtes.
Ferner hätte das Unionsverwaltungsgericht bei Zweifeln an der
Verfassungskonformität der §§ 3 und 5 des Gesetzes über das
Katistianische Oberlandesgericht diese Frage nach § 13 UGerG dem
Obersten Unionsgericht zur Entscheidung vorlegen müssen.
Weiter trägt der Beklagte und Berufungskläger vor, die Auffassung des
Gerichts, weder die Genese der streitentscheidenden Norm noch die
Vernehmung von Zeugen zur inhaltlichen Bedeutung des Begriffs eines
"Wahlprogrammes" könne Aufschluss über diese geben, sei rechtsirrig.
Tatsächlich habe der Landtag der freien Republik in der Gesamtheit
seiner Mitglieder zum Zeitpunkt der Verabschiedung des
streitentscheidenden Gesetzes erklärt, die gesetzlichen Erfordernisse an
ein Wahlprogramm durch das Wahlprogramm des Kandidaten Kaulmann erfüllt
zu sehen. Der Willen des Gesetzgebers sei somit grob missachtet worden.
Schließlich sei das angefochtene Urteil nicht ausreichend begründet, da
es keine abschließende Definition der an ein Wahlprogramm im Sinne des
Wahlgesetzes der freien Republik Katista liefere und somit auch
weiterhin erhebliche Rechtsunsicherheit zurückließe.
Endlich würden in dem Urteil Wahlen zum Landtag der freien Republik
Katista mit Wahlen zum Ministerpräsidenten verwechselt, und darum in der
irrtümlichen Annahme einer ohnehin bald endenden Funktionsperiode der
kommissarische Verbleib des nach dem Urteil eigentlich nicht zur Wahl
zuzulassenden Ministerpräsidenten für vertretbar befunden.
II.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt zur Begründung ihres Antrages vor, das
Unionsverwaltungsgericht sei zuständig gewesen, da das Katistianische
Obergericht nach den §§ 1 und 9 des Gesetzes über das Katistianische
Obergericht für Verwaltungsrechtsstreitigkeiten nicht zuständig gewesen,
die Zuständigkeit somit nach § 1 UGerG dem Unionsverwaltungsgericht
zugefallen sei.
Zudem habe der Beklagte und Berufungskläger nicht begründet, dass und
wie das Katistianische Obergericht zu einem anderen Urteil gekommen sei
als es das Unionsverwaltungsgericht ist. Rechtsanwendungsfehler
begründeten jedoch nur dann eine Berufung, wenn auf diesen auch ein im
Ergebnis falsches Urteil beruhe. Selbst bei angenommener Zuständigkeit
des Katistanischen Obergerichts könnte eine Berufung somit nicht allein
auf die Unzuständigkeit des Unionsverwaltungsgerichts gestützt werden.
Der von dem Beklagten und Berufungskläger vorgetragene Willen des
historischen Gesetzgebers sei zudem für die Auslegung eines Gesetzes
nicht erheblich, es sei vielmehr allein auf den objektiven Willen des
Gesetzgebers abzustellen, den das Unionsverwaltungsgericht zutreffend
ermittelt habe.
Ebenso genüge die in dem angefochtenen Urteil entwickelte Definition des
Rechtsbegriffs eines "Wahlbegriffs" sowie die Subsumtion des von dem
Kandidaten Kaulmann vorgelegten Wahlprogramms unter diese zur
Feststellung, dass dieses den gesetzlichen Vorgaben nicht entsprochen
habe.
Zuletzt seien die irrigen Annahmen des Gerichts über die Restdauer der
Amtszeit des gewählten Ministerpräsidenten Kaulmann für das Urteil
ebenfalls nicht erheblich gewesen.
III.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Auf die irrige Annahme seiner Zuständigkeit durch das erstinstanzliche
Gericht allein kann eine Berufung nicht gestützt werden. Die dem Begriff
des Rechtsstaates wesensimmanente Rechtswegsgarantie, die Möglichkeit
des Bürgers, jedwedes Handeln der öffentlichen Gewalt von dem er
betroffen wird, durch einen unabhängigen Richter überprüfen zu lassen,
wird nicht allein dadurch geschmälert, dass ein anderes als das örtlich
und sachlich zuständige, ansonsten aber vorschriftsgemäß besetztes
Gericht entscheidet.
Die Qualität des Schutzes vor ungesetzlichem Handeln der öffentlichen
Gewalt durch den Richter liegt allein in dessen fachlicher und
charakterlicher Eignung, seiner ordnungsgemäßen Bestellung zum Richter
und schließlich seiner persönlichen und sachlichen Unabhängigkeit und
Bindung allein an das Gesetz begründet. Nicht jedoch in seiner Zuweisung
an ein bestimmtes, örtlich und sachlich zuständiges Gericht.
Sofern ein örtlich oder sachlich eigentlich nicht zuständiges Gericht
nicht entgegen der für dieses geltenden gesetzlichen Vorschriften
besetzt ist, etwa durch die Befangenheit des erkennenden Richters oder
eines der erkennenden Richter, oder sein Urteil auf eine Verletzung des
entscheidungserheblichen Gesetzes stützt, ist sein Urteil nicht als
kausal rechtsfehlerhaft zu Stande gekommen angreifbar. Dem öffentlichen
Interesse an der Aufrechterhaltung eines durch ein entsprechend der für
dieses geltenden gesetzlichen Vorschriften besetzten Gerichtes gefällten
und in seiner Rechtsanwendung fehlerfreien Urteils ist in diesem Falle
Vorrang einzuräumen vor der Spekulation, das sachlich oder örtlich
eigentlich zuständige Gericht hätte zu einem anderen Ergebnis kommen und
dieses ebenfalls rechtsfehlerfrei begründen können.
IV.
Soweit der Beklagte und Berufungskläger rügt, die Intentionen der
Mitglieder jenes historischen Landtages der freien Republik Katista, der
die Vorlage eines Wahlprogrammes als Erfordernis einer zulässigen
Kandidatur dem Wahlgesetz hinzugefügt hat, seien vom erstinstanzlichen
Gericht rechtsfehlerhaft nicht gehört werden, läuft diese Rüge zunächst
in formaler Hinsicht leer.
Dem in Rede stehenden Landtag gehörten ausschließlich der
Prozessbevollmächtigte des Beklagten und Berufsklägers sowie derjenige
Kandidat an, dessen Kandidatur die Klägerin und Berufungsbeklagte als
unzulässig zu erklären begehrt. Beide haben sich in der mündlichen
Verhandlung vor dem erstinstanzlichen Gericht entsprechend geäußert und
ihr Verständnis des Begriffes eines "Wahlprogramms" dargelegt. Soweit
hier überhaupt ein Anspruch auf rechtliches Gehör bestand, wurde diesem
Genüge getan.
In seiner Würdigung der vorgetragenen Tatsachen und Rechtsauffassungen
war das erstinstanzliche Gericht jedoch frei. So konnte es das
Verständnis des Begriffs des "Wahlprogramms" wie von dem
Prozessbevollmächtigten des Beklagten und Berufungsklager sowie dem
betroffenen Kandidaten vorgetragen, durchaus als Parteivortrag anstatt
als sachverständige Aussage werten und in seinem Urteil als nicht
zutreffend verwerfen.
Dem Gesetzgeber der freien Republik Katista hatte es bereits bei der
Aufnahme dieses Begriffes in das Wahlgesetz freigestanden und steht es
bis heute frei, diesem eine seinen Vorstellungen entsprechende
Definition anzufügen. Darauf hat er jedoch verzichtet, und somit einen
zunächst unbestimmten Rechtsbegriff geschaffen, den auszufüllen im
Streitfalle folglich zunächst der Rechtssprechung obliegt, was das
erstinstanzliche Gericht in dem angefochtenen Urteil getan hat.
Dabei war es wie vorgesagt frei in seiner Berücksichtigung der
vorgetragenen Verständnisse dieses Begriffes sowohl durch die Klägerin
und Berufungsbeklagte wie auch den Prozessbevollmächtigten des Beklagten
und Berufungskläger und den betroffenen Kandidaten, als auch allgemein
bekannter oder denklogisch zu entwickelnder Verständnisse.
Die Begründung der Rüge einer Verletzung sachlichen Rechts durch den
Beklagten und Berufungskläger erschöpft sich in der Behauptung, sein
Prozessbevollmächtigter sowie der betroffene Kandidat wüssten es als
alleinige Mitglieder des für die entsprechende Gesetzesänderung
verantwortlichen historischen Landtages nun mal besser als das
erstinstanzlich erkennende Gericht.
Dieser Argumentation ist nicht zu folgen. Der historische Gesetzgeber
hat als Erfordernis einer zulässigen Kandidatur allein die Vorlage eines
Wahlprogrammes statuiert, nicht eines Wahlprogrammes bestimmter Form
oder bestimmten Umfanges, was ihm ebenso freigestanden hätte. Er hat
hier auf seine weitere Ausgestaltungsmöglichkeit dieser Vorschrift
verzichtet und damit deren Auslegung im Zweifelsfall durch die
Rechtssprechung in Kauf genommen.
Objektiv ermittelbarer Wille des Gesetzgebers ist es allein, dass eine
zulässige Kandidatur eines Wahlprogrammes bedarf. Wie dieses formal und
inhaltlich zu beschaffen sein hat, hat der Gesetzgeber nicht objektiv
bestimmt. Das kann er im Wege der Gesetzgebung jederzeit nachholen, die
Mitglieder des historischen Landtages haben jedoch keinerlei Anspruch
darauf, dass sich die Rechtssprechung in der Definition des von ihnen
inhaltlich offen gelassenen Begriffes des "Wahlprogramms" nach ihrem
Verständnis desselben richtet. Sofern dieses tatsächlich schon zum
Zeitpunkt der parlamentarischen Beratung und Abstimmung über die
entsprechende Gesetzesänderung bestand, hätte es auch Aufnahme in diese
finden können, was jedoch nicht geschehen ist. Der historische
Gesetzgeber hat hier auf seine Gelegenheit verzichtet, seinen Willen zum
objektiven Willen des Gesetzes zu machen. An seine subjektiven
Vorstellungen, zumal in einem Rechtsstreit, der das eine Mitglied des
zuständigen historischen Landtages betrifft und in dem dessen anderes
Mitglied Prozessbevollmächtigter einer der Parteien ist, war das
erstinstanzliche Gericht nicht gebunden.
Sofern diese überhaupt zu hören waren, ist das geschehen. Inwiefern das
erstinstanzliche Gericht diese in seiner Entscheidungsfindung
berücksichtigen würde, unterlag seiner freien Würdigung aller
vorgetragenen Tatsachen und Rechtsauffassungen, die im Ergebnis nicht
als rechtsfehlerhaft zu Stande gekommen zu beanstanden ist.
V.
Auch die Rüge, das angefochtene Urteil sei nicht hinreichend begründet, ist unbegründet.
Es mag dahingestellt bleiben, ob ein ohne jede Begründung versehenes
Urteil die Annahme seines Beruhens auf einer Gesetzesverletzung
unwiderlegbar vermuten lässt. Das angefochtene Urteil ist mit einer
Begründung versehen, in der eine im Gesetz nicht enthaltene Definition
des Begriffs eines "Wahlprogramms" entwickelt und das als nicht den
gesetzlichen Vorgaben entsprechend beanstandete Wahlprogramm unter diese
subsumiert und im Ergebnis eine Entsprechung dem gesetzlichen
Erfordernis verneint wird.
Der Beklagte und Berufungskläger rügt nicht, dass die vom
erstinstanzlichen Gericht gegebene Definition des Begriffes eines
"Wahlprogrammes" oder die Subsumtion des Wahlprogrammes des betroffenen
Kandidaten unter dieses rechtsfehlerhaft seien, sondern allein, dass
diese zur Klärung zukünftiger Zweifelsfäle nicht ausreichten.
Das Zutreffen dieser Rüge kann offen bleiben, es berührt nicht die
Gesetzmäßigkeit des angefochtenen Urteils. Es ist weder vom Beklagten
und Berufungskläger vorgetragen noch sonst erkennbar, dass die vom
erstinstanzlichen Gericht entwickelte Definition eines "Wahlprogrammes"
rechtsfehlerhaft ist, noch die Subsumtion des umstrittenen Wahlprogramms
unter diese Definition.
VI.
Die Rüge, das erstinstanzliche Gericht habe irrtümlich verkannt, dass
nicht bereits die Wahl eines neuen Ministerpräsidenten ausgeschrieben
sei, sondern lediglich die Wahl eines neuen Landtages, und den
Kandidaten der auf Grund des streitbefangenen Programms zur Wahl
zugelassen war darum im Amt belassen, war schließlich für die
Entscheidung in der Hauptsache ohne jeden Belang.
Tatsächlich hat das erstinstanzliche Gericht entsprechend dem Antrag der
Klägerin und Berufungsbeklagten festgestellt, dass dessen Kandidatur
auf Grund des nicht erfüllten Erfordernisses eines Wahlprogrammes nicht
hätte zugelassen werden dürfen.
Es handelt sich hier somit wenn, dann um einen Rechtsirrtum zu Gunsten
des Beklagten und Berufungsklägers. Zwar kann dieser nach dem Gesetz
auch einen solchen rügen, doch ist nicht nachvollziehbar, inwiefern er
darauf die Begründung einer Rechtsverletzung in der Entscheidung der
unter III. bis V. erörterten Fragen stützt. Dieser mögliche tatsächliche
Irrtum ist für die Fragen nach der Zuständigkeit des
Unionsverwaltungsgerichts, die formal und sachlich korrekte Definition
des Begriffs eines "Wahlprogramms" im Wahlgesetz der freien Republik
Katista sowie die fehlerfreie Subsumtion des streitbefangenen
Wahlprogramms unter diese ohne jede Bedeutung.
Nachdem keine der vorgebrachten formalen und sachlichen Rügen begründet
ist, war die Berufung entsprechend dem Antrag der Klägerin und
Berufungsbeklagten zurückzuweisen.
Kostenentscheidung
Die Kosten des Ausgangsverfahrens sind durch das erstinstanzliche
Gericht nach § 20 Abs. 2 UGerG iVm § 3 Abs. 1 GKV dem Beklagten als
vollumfänglich unterlegener Partei auferlegt worden.
Nach den gleichen Vorschriften waren ihm auch die Kosten des von ihm
eingelegten Rechtsmittels aufzuerlegen, da dieses in vollem Umfange
erfolglos geblieben ist.
Die Festsetzung des Streitwertes erfolgte bereits durch das
erstinstanzliche Gericht nach § 20 Abs. 2 UGerG iVm § 7 Abs. 1 GKV und
ist durch die Parteien im Berufungsverfahren nicht gerügt worden.
Das Oberste Unionsgericht am 15. August 2010 durch:
Laura van Middelburg
Hauptamtliche Unionsrichterin als Vorsitzende
Prof. Jebb Bongerton
Hauptamtlicher Unionsrichter als Beisitzer
Prof. Dr. Heinrich von Löwenherz
Nebenamtlicher Unionsrichter als Beisitzer
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